PUB - Publikationen an der Universität Bielefeld

Lehre in der Lehrer\*innenbildung stellt einen hochschuldidaktischen Sonderfall dar, da im Sinne eines pädagogischen Doppeldeckers der vermittelte inhaltliche Gegenstand zugleich in der Gestaltung der Lehre zum Ausdruck kommt. Ausgehend von der Annahme, dass mit dem Lehren in der Lehrer\*innenbildung spezifische Qualifikationsanforderungen für Lehrende einhergehen, widmet sich die Dissertation dem Desiderat, dass es bislang kaum formalisierte Reflexionsräume für einen Austausch über hochschuldidaktische Besonderheiten der Lehrer\*innenbildung gibt. Dazu folgt die Dissertation einer Forschungs- und Entwicklungslogik, indem sie das Konzept sogenannter Materialwerkstätten ausdifferenziert und empirisch untersucht. Grundlage der Materialwerkstätten sind konkrete Lehrmaterialien, die von den Teilnehmenden eingebracht werden. In einem nach bestimmten Phasen strukturierten Prozess diskutieren Lehrende unterschiedlicher Fachrichtungen entlang der Materialien über Lehre in der Lehrer\*innenbildung und entwickeln die Lehrmaterialien weiter.
Unter einem professionstheoretischen Blickwinkel geht die Dissertation der übergeordneten Frage nach, welche Anlässe zur Reflexion von Lehre in der Lehrer\*innenbildung sich bei der Diskussion von Lehrmaterialien initiiert durch das Format Materialwerkstatt zeigen. Neben theoretisch-konzeptionellen Grundlagen werden unter methodologischer Perspektive auch die besonderen Bedingungen von Hochschulforschung hinsichtlich rollenbedingter Involviertheit und Subjektivität beleuchtet. Der Fokus der ethnografischen Begleitforschung liegt auf den inhaltlichen Diskussionen, die Lehrende der Lehrer\*innenbildung in Materialwerkstätten führen. In einer zusammenfassenden Perspektive werden Schlussfolgerungen für die und aus der Initiierung von Reflexionsanlässen bei der Diskussion von Lehrmaterialien im Format Materialwerkstatt formuliert. So wird auf der Grundlage der Ergebnisse des Forschungsprojektes ein revidiertes Arbeitsmodell von Materialwerkstätten vorgeschlagen. Außerdem wird eine Arbeitsdefinition für einen professionalisierungstheoretischen Blick auf die Reflexion von hochschulischen Lehrenden der Lehrer\*innenbildung präsentiert. Unter Rückgriff auf die herausgearbeiteten didaktischen Besonderheiten von universitärer Lehrer\*innenbildung und den damit einhergehenden Implikationen wird argumentiert, weshalb diskursive lehrer\*innenbildungsspezifische hochschul- und wissenschaftsdidaktische Reflexionsformate einen Mehrwert für die Professionalisierung von Lehrenden einer multiparadigmatischen Lehrer\*innenbildung darstellen.