PUB - Publikationen an der Universität Bielefeld

Sterben, Tod und Trauer in der Grundschule?! Die meisten Leser\*innen denken dabei an den Religionsunterricht, in dem das Thema mit Blick auf das Jenseits im Lehrplan verankert ist. Der Tod als ein Prozess für den Sterbenden und seine Angehörigen wird in der Grundschule hingegen selten thematisiert – insbesondere dann nicht, wenn es um den Tod von Kindern geht. Ursache dafür ist häufig eine Überforderung der Lehrkräfte und eine gesellschaftliche Verdrängung des Themas. Der Umgang der Lehrkräfte mit Sterben, Tod und Trauer basiert auf individuellen Erfahrungen und persönlichen Werten, erfährt aber keine systemische Verortung auf Schulentwicklungsebene. Das neuere Forschungsfeld der Thanatopädagogik als Schnittstelle zwischen Thanatologie und Pädagogik begegnet dieser Tabuisierung, indem „Sterben und Tod nicht negiert, sondern als Bestandteil des menschlichen Seins integriert sind“ (Jennessen 2015, 18). In dieser Arbeit wird die Notwendigkeit erläutert, die Themen Sterben, Tod und Trauer systemisch in der Schulentwicklung an Grundschulen zu verankern. Dafür wird ein Modell zur Etablierung thanatopädagogischer Werte auf Personal-, Organisations- und Unterrichtsentwicklungsebene skizziert. Als Analysefolie dient der Index für Inklusion (Booth & Ainscow 2019). Es wird untersucht, wie die Entfaltung thanatopädagogischer Leitlinien, Kulturen und Praktiken zu inklusiven Schulentwicklungsprozessen beitragen kann und worin Grenzen des Modells liegen. Strukturen herausstellen, die Pädagog\*innen eine reflexive Auseinandersetzung auch mit gesellschaftlich tabuisierten Themen ermöglichen – dieses Forschungsinteresse begleitet diese theoriegeleitete Literaturarbeit. Lehrkräfte werden dabei nicht als Expert\*innen verstanden, sondern als Gesprächspartner\*innen auf Augenhöhe, die mit einer an thanatopädagogischen Werten ausgerichteten Haltung zu einer gesamtgesellschaftlichen Enttabuisierung von Sterben, Tod und Trauer beitragen.