Ethische Aspekte des Dolmetschens im mehrsprachig-interkulturellen Arzt-Patienten-Verhältnis
Kliche O, Agbih S, Altanis-Protzer U, Eulerich S, Klingler C, Neitzke G, Peters T, Coors M (2018)
Ethik in der Medizin 30(3): 205-220.
Zeitschriftenaufsatz
| Veröffentlicht | Deutsch
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Autor*in
Kliche, Ortrun;
Agbih, SylviaUniBi ;
Altanis-Protzer, Ute;
Eulerich, Sabine;
Klingler, Corinna;
Neitzke, Gerald;
Peters, TimUniBi;
Coors, Michael
Einrichtung
Alternativer Titel
Ethical aspects of interpreting in multilingual-intercultural physician-patient relationships
Abstract / Bemerkung
Definition of the problem It is well-known that good physician-patient communication is decisive for proper treatment of a patient and the patient's self-determination. In intercultural-multilingual situations, intense discussions are even more important when possible discrepancies on both sides regarding presuppositions and actual facts have to be bridged. Hence, in case of language barriers, the use of qualified interpreters is ethically required. In interpreter-mediated consultations, both physicians and interpreters face specific ethical challenges. When qualified interpreters are not available, physicians, in difficult ethical reflections, have to weigh options regarding alternative solutions. To date, these two issues have received little attention in medical ethics. Arguments Based on research about community interpreting and interpreter-mediated discourse, this paper, first, identifies central ethical challenges and the corresponding spheres of responsibility of physicians and interpreters. It discusses the need of language support, the risk of excluding patients from interpreter-mediated consultations, the observation of the interpreters' ethical principles, the problem of ensuring confidentiality as well as the implications of cultural brokering. Second, the article approaches the physician's options under nonideal conditions when no sufficiently qualified interpreter is available. Calling in a nonprofessional person for spontaneous interpreting, e.g., a relative or a multilingual colleague requires ethical reflection. For this purpose, this article presents for the first time a framework based on nine criteria which can help physicians assess the ability of a specific person to interpret in a given physician-patient encounter and balance competing interests. Conclusion The ethical challenges in interpreter-mediated physician-patient interaction require qualified interpreting. Under nonideal conditions, the framework presented above supports physicians to select alternative solutions. However, it does not substitute long-term solutions on the macro level, e.g., the funding of professional interpreting.
Die Notwendigkeit guter Arzt-Patienten-Kommunikation für eine angemessene Behandlung und für die Ausübung der Patientenselbstbestimmung ist bekannt. In interkulturell-mehrsprachigen Situationen, in denen ein kommunikationsintensiver Aushandlungsprozess besonders notwendig ist, erhält die Qualität der Verständigung besondere Bedeutung, so dass der Einsatz qualifizierter Dolmetschender hier ethisch geboten ist. Er stellt Ärzte und Ärztinnen, aber auch die Dolmetschenden vor besondere, ethisch zu reflektierende Herausforderungen. Sind zudem keine qualifizierten Dolmetschenden einsetzbar, müssen Ärzte und Ärztinnen in schwierigen ethischen Abwägungsprozessen eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen. Diese beiden Themen finden in der medizinethischen Literatur bisher wenig Beachtung. Anhand von Erkenntnissen aus der Forschung u. a. zum Gesprächsdolmetschen werden im Folgenden zentrale ethische Herausforderungen eines Dolmetschereinsatzes herausgearbeitet. Diskutiert werden der Bedarf sprachlicher Unterstützung, der drohende Ausschluss von Patientinnen und Patienten in gedolmetschten Gesprächen, die Beachtung der für das Dolmetschen geltenden berufsethischen Prinzipien, die Gewährleistung der Vertraulichkeit sowie die Konsequenzen interkulturellen Vermittelns. Des Weiteren wird für Ärzte und Ärztinnen, die unter nicht-idealen Bedingungen ohne qualifizierte Dolmetschende agieren müssen, erstmals ein strukturierter argumentativer Rahmen vorgestellt. Es werden neun Bewertungskriterien vorgeschlagen, anhand derer in einem Abwägungsprozess über die Eignung einer Person zum (spontanen) Dolmetschen entschieden werden kann.
Die Notwendigkeit guter Arzt-Patienten-Kommunikation für eine angemessene Behandlung und für die Ausübung der Patientenselbstbestimmung ist bekannt. In interkulturell-mehrsprachigen Situationen, in denen ein kommunikationsintensiver Aushandlungsprozess besonders notwendig ist, erhält die Qualität der Verständigung besondere Bedeutung, so dass der Einsatz qualifizierter Dolmetschender hier ethisch geboten ist. Er stellt Ärzte und Ärztinnen, aber auch die Dolmetschenden vor besondere, ethisch zu reflektierende Herausforderungen. Sind zudem keine qualifizierten Dolmetschenden einsetzbar, müssen Ärzte und Ärztinnen in schwierigen ethischen Abwägungsprozessen eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen. Diese beiden Themen finden in der medizinethischen Literatur bisher wenig Beachtung. Anhand von Erkenntnissen aus der Forschung u. a. zum Gesprächsdolmetschen werden im Folgenden zentrale ethische Herausforderungen eines Dolmetschereinsatzes herausgearbeitet. Diskutiert werden der Bedarf sprachlicher Unterstützung, der drohende Ausschluss von Patientinnen und Patienten in gedolmetschten Gesprächen, die Beachtung der für das Dolmetschen geltenden berufsethischen Prinzipien, die Gewährleistung der Vertraulichkeit sowie die Konsequenzen interkulturellen Vermittelns. Des Weiteren wird für Ärzte und Ärztinnen, die unter nicht-idealen Bedingungen ohne qualifizierte Dolmetschende agieren müssen, erstmals ein strukturierter argumentativer Rahmen vorgestellt. Es werden neun Bewertungskriterien vorgeschlagen, anhand derer in einem Abwägungsprozess über die Eignung einer Person zum (spontanen) Dolmetschen entschieden werden kann.
Stichworte
Cross-cultural communication;
Interpreting;
Patient self-determination;
Balancing competing interests
Erscheinungsjahr
2018
Zeitschriftentitel
Ethik in der Medizin
Band
30
Ausgabe
3
Seite(n)
205-220
ISSN
0935-7335
eISSN
1437-1618
Page URI
https://pub.uni-bielefeld.de/record/2931105
Zitieren
Kliche O, Agbih S, Altanis-Protzer U, et al. Ethische Aspekte des Dolmetschens im mehrsprachig-interkulturellen Arzt-Patienten-Verhältnis. Ethik in der Medizin. 2018;30(3):205-220.
Kliche, O., Agbih, S., Altanis-Protzer, U., Eulerich, S., Klingler, C., Neitzke, G., Peters, T., et al. (2018). Ethische Aspekte des Dolmetschens im mehrsprachig-interkulturellen Arzt-Patienten-Verhältnis. Ethik in der Medizin, 30(3), 205-220. https://doi.org/10.1007/s00481-018-0488-6
Kliche, Ortrun, Agbih, Sylvia, Altanis-Protzer, Ute, Eulerich, Sabine, Klingler, Corinna, Neitzke, Gerald, Peters, Tim, and Coors, Michael. 2018. “Ethische Aspekte des Dolmetschens im mehrsprachig-interkulturellen Arzt-Patienten-Verhältnis”. Ethik in der Medizin 30 (3): 205-220.
Kliche, O., Agbih, S., Altanis-Protzer, U., Eulerich, S., Klingler, C., Neitzke, G., Peters, T., and Coors, M. (2018). Ethische Aspekte des Dolmetschens im mehrsprachig-interkulturellen Arzt-Patienten-Verhältnis. Ethik in der Medizin 30, 205-220.
Kliche, O., et al., 2018. Ethische Aspekte des Dolmetschens im mehrsprachig-interkulturellen Arzt-Patienten-Verhältnis. Ethik in der Medizin, 30(3), p 205-220.
O. Kliche, et al., “Ethische Aspekte des Dolmetschens im mehrsprachig-interkulturellen Arzt-Patienten-Verhältnis”, Ethik in der Medizin, vol. 30, 2018, pp. 205-220.
Kliche, O., Agbih, S., Altanis-Protzer, U., Eulerich, S., Klingler, C., Neitzke, G., Peters, T., Coors, M.: Ethische Aspekte des Dolmetschens im mehrsprachig-interkulturellen Arzt-Patienten-Verhältnis. Ethik in der Medizin. 30, 205-220 (2018).
Kliche, Ortrun, Agbih, Sylvia, Altanis-Protzer, Ute, Eulerich, Sabine, Klingler, Corinna, Neitzke, Gerald, Peters, Tim, and Coors, Michael. “Ethische Aspekte des Dolmetschens im mehrsprachig-interkulturellen Arzt-Patienten-Verhältnis”. Ethik in der Medizin 30.3 (2018): 205-220.
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