Zur Dynamik narrativer (Re-)Konstruktionen im Behandlungsverlauf dissoziativer Patienten

von Fabeck F (2010)
Bielefeld: University of Bielefeld.

Bielefelder E-Dissertation | Deutsch
 
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Autor*in
von Fabeck, Friederike
Gutachter*in / Betreuer*in
Gülich, Elisabeth
Abstract / Bemerkung
In der vorliegenden Dissertation wird untersucht, wie sich persönliche Entwicklungsprozesse auf der sprachlichen Darstellungsebene niederschlagen. Hierfür wurde ein interdisziplinärer Zugang gewählt, indem narrative Interviews mit Frauen geführt wurden, die an einer dissoziativen - häufig auch als “psychogen“ - bezeichneten Anfallssymptomatik erkrankt sind und sich zum Zeitpunkt der Gesprächsaufnahmen in einer Spezialklinik für Anfallserkrankungen befanden, um die jeweilige Anfallssymptomatik differenzialdiagnostisch abklären zu lassen und auf eine psychotherapeutisch und/oder medizinische Behandlung eingestellt zu werden. Bei dem Versuch, die größtenteils lebensgeschichtlich, zumeist durch traumatisierende Ereigniskonstellationen bedingte dissoziative Symptomatik zu verstehen, gerät die betreffende Person hierbei in eine zumeist intensive Auseinandersetzung mit sich und ihrer Lebensgeschichte. Ausgehend von der Grundannahme, dass sich der während des Behandlungsverlauf zu beobachtende Entwicklungsprozess in den verschiedenen Formen sprachlicher Selbstthematisierungen und narrativer Rekonstruktionen widerspiegelt, hat die vorliegende Untersuchung zum Ziel, diejenigen sprachlich-kommunikativen Verfahren herauszuarbeiten, mittels derer die Sprecherin die jeweilige Veränderung markiert. Da dieses Forschungsinteresse nicht mittels eines vorgegebenen Fragekatalogs abgearbeitet werden kann und um über einen möglichst breiten Zugang zu den subjektiven Dimensionen der jeweiligen Selbstthematisierungen zu erreichen, wurde für die Datenerhebung das narrative Interview nach Fritz Schütze ausgewählt. Mit dem Ziel, die Redebeiträge im Interview stets vor dem Hintergrund einer im Laufe des Gesprächs von den jeweiligen Interaktanten “hergestellten Ordnung“ zu begreifen, wurden die Daten auf der Grundlage des konversationsanalytischen Zugangs ethnomethodologischer Ausrichtung analysiert. Darüber hinaus wurde die Positionierungstheorie einbezogen, da sie wichtige Aufschlüsse hinsichtlich der vom Sprecher vorgenommenen personalen Referenzen gibt. Diese sind in den vorliegenden Daten von hoher Relevanz, weil es in den Rekonstruktionen der Sprecher wiederholt zu Konflikt- bzw. Traumadarstellungen kommt, bei denen die jeweilige Beziehungsorganisation eine zentrale Rolle spielt. Der positionierungsanalytische Zugang ermöglicht hierbei das Verstehen des psychodynamischen Geschehens sowohl auf der intra- als auch auf der interpersonalen Ebene. Ausgangspunkt für die Analyse des vorliegenden Datenmaterials bildet die Untersuchung eines Einzelfalls, bei dem die Veränderung der verschiedenen Formen sprachlicher Selbstdarstellungen und narrativer Rekonstruktionen so markant war, dass sich hierbei eine ganze Reihe von Prozessmerkmalen entwickeln ließen, die anhand fallübergreifender Vergleiche verifiziert werden konnten. Im Wesentlichen ergaben sich hierbei die sechs folgenden “Kategorien der Veränderung“: 1) Zunahme der narrativen Rekonstruktion biographischer Inhalte 2) Zurücknahme des Abwehrmechanismus der Negation 3) Veränderung der Positionierungsaktivitäten 4) Zurücknahme des Abwehrmechanismus der Projektion 5) Zunahme dramatisch-episodischer Rekonstruktionen 6) Abnahme der Verwendung vorgeformter Strukturen Die vorliegenden Ergebnisse belegen, dass die Veränderungen auf der formal-sprachlichen Ebene mit einer Verbesserung der jeweiligen Anfallssymptomatik einhergehen. Somit bieten sich hier relevante Anschlussmöglichkeiten sowohl an Fragestellungen aus dem klinisch/psychotherapeutischen Alltag, wie z.B. zu Fragen der Psychotherapieprozessforschung als auch an linguistische Forschungsinteressen wie z.B. die verschiedenen Darstellungsverfahren traumatisch- bzw. biographisch relevanter Aspekte.
Stichworte
Narratives Interview - Biographische/Narrative Rekonstruktion - Dissoziative Anfallssymptomatik - Konversationsanalyse - Positionierungstheorie – Traumadarstellung - Abwehrmechanismen - Psychotherapieprozessforschung
Jahr
2010
Page URI
https://pub.uni-bielefeld.de/record/2540577

Zitieren

von Fabeck F. Zur Dynamik narrativer (Re-)Konstruktionen im Behandlungsverlauf dissoziativer Patienten. Bielefeld: University of Bielefeld; 2010.
von Fabeck, F. (2010). Zur Dynamik narrativer (Re-)Konstruktionen im Behandlungsverlauf dissoziativer Patienten. Bielefeld: University of Bielefeld.
von Fabeck, Friederike. 2010. Zur Dynamik narrativer (Re-)Konstruktionen im Behandlungsverlauf dissoziativer Patienten. Bielefeld: University of Bielefeld.
von Fabeck, F. (2010). Zur Dynamik narrativer (Re-)Konstruktionen im Behandlungsverlauf dissoziativer Patienten. Bielefeld: University of Bielefeld.
von Fabeck, F., 2010. Zur Dynamik narrativer (Re-)Konstruktionen im Behandlungsverlauf dissoziativer Patienten, Bielefeld: University of Bielefeld.
F. von Fabeck, Zur Dynamik narrativer (Re-)Konstruktionen im Behandlungsverlauf dissoziativer Patienten, Bielefeld: University of Bielefeld, 2010.
von Fabeck, F.: Zur Dynamik narrativer (Re-)Konstruktionen im Behandlungsverlauf dissoziativer Patienten. University of Bielefeld, Bielefeld (2010).
von Fabeck, Friederike. Zur Dynamik narrativer (Re-)Konstruktionen im Behandlungsverlauf dissoziativer Patienten. Bielefeld: University of Bielefeld, 2010.
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