PUB - Publikationen an der Universität Bielefeld

Hintergrund Die Ernährung mit Muttermilch spielt eine entscheidende Rolle bei der optimalen Versorgung von Frühgeborenen. Um die Laktation zu fördern, ist eine umfassende Aufklärung und Unterstützung der Mütter durch geschultes Personal erforderlich. Allerdings können Personal- und Zeitmangel sowie Sprachbarrieren im klinischen Alltag zu einer unzureichenden Betreuung führen. Technische Lösungen wie Apps können dabei helfen, Mütter evidenzbasiert zu informieren und zu unterstützen. Im Rahmen des öffentlich geförderten Projekts Neo-MILK (Funding-Source: Innovationssausschuss des G-Ba Award-ID: 01NVF19027) wurde partizipativ eine Web-App zur Still- und Laktationsförderung für Mütter von Frühgeborenen entwickelt. Material/Methoden Durch den Einbezug betroffener Mütter in die App Erstellung sind die Wünsche und Bedürfnisse dieser Nutzerinnengruppe unmittelbar berücksichtigt worden. Die Entwicklung der App basiert auf einer strukturierten anonymen Online-Befragung von Müttern von Frühgeborenen (N=565). Basierend hierauf ist durch ein interdisziplinäres Team eine App entstanden, welche seit November 2022 in über 15 neonatologischen Intensivstationen in Deutschland zum Einsatz kommt. Ergebnisse In der App finden sich die folgenden Funktionen, basierend auf den Wünschen der befragten Mütter (n=565): Dokumentation der Muttermilchmenge (gewünscht von 67,6%), Abpumperinnerungen (gewünscht von 60,2%), Gewichtskurve des Kindes (gewünscht von 58,6%) und weitergehende Informationen über Stillen und Abpumpen (gewünscht von 63,4%) sowie über mögliche Probleme beim Stillen und Abpumpen (gewünscht von 69,7%). Im Zeitraum 29.11. bis 13.02.2023 sind circa 3188 Besuche beziehungsweise App-Öffnungen verzeichnet worden. Es wurden 318 Nutzungsprofile mit insgesamt 44 Kindern und 10.974 angelegten Abpumpvorgängen erstellt. Die Tagebuchfunktion (angelegte Kinder) ist bisher eher wenig genutzt worden. Diskussion Die entwickelte App zur Unterstützung von Müttern von Frühgeborenen bei der Laktationsförderung und dem Abpumpen scheint den Bedürfnissen der Zielgruppe gerecht zu werden. Die hohe Nutzung der App und die positive Resonanz auf Funktionen wie die Dokumentation der Muttermilchmenge und Erinnerungen ans Abpumpen bestätigen ihre Relevanz. Die Implementierung in neonatologischen Intensivstationen zeigt das Potenzial der App im klinischen Alltag. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die Auswirkungen der App auf die Laktationsraten und die Gesundheit der Frühgeborenen zu bewerten.