Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften

Knobloch J (2023)
Berliner Journal für Soziologie 33(4): 387-421.

Zeitschriftenaufsatz | Veröffentlicht | Deutsch
 
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Alternativer Titel
The biased interpretation of the unknown. The non-knowledge regime of pandemic policy advice and the exclusion of the social sciences
Abstract / Bemerkung
The article discusses scientific policy advice during the early phase of the COVID-19 crisis in Germany. Faced with an unknown virological threat, non-knowledge was reevaluated, and the relationship, or interaction, between politics and science was reorganized. However, upon closer examination of scientific policy advice, it becomes evident that only a few disciplines were involved, and that the social sciences were largely ignored. To explain this one-sidedness, the article develops the thesis that the intention to control non-knowledge in both politics and science was primarily responsible for the widespread neglect of social science expertise. Initially, the article introduces the context of knowledge and non-knowledge and presents various strategies for dealing with non-knowledge in politics and science. Subsequently, the dynamics of the interaction in scientific policy advice during the early waves of the pandemic are reconstructed. This includes describing the formation and structuring of advice and showing how non-knowledge was (or was not) adressed within it. The results of this reconstruction are then systematised with regard to the creation of a non-knowledge regime, which was responsible for the unequal treatment of various scientific disciplines and continues to be so. The conclusion suggests that for future scenarios, it is advisable to turn to contextualizing non-knowledge concepts from the social sciences, especially when considering secondary effects that go far beyond the short-term interest in infection containment.

Der Beitrag setzt sich mit der wissenschaftlichen Politikberatung während der Anfangsphase der Coronakrise in Deutschland auseinander. Angesichts einer unbekannten virologischen Gefahr wurde Nichtwissen neu bewertet und das Verhältnis von resp. die Interaktion zwischen Politik und Wissenschaft neu organisiert. Jedoch zeigt sich bei der näheren Betrachtung der wissenschaftlichen Politikberatung, dass nur wenige Disziplinen eingebunden und die Sozialwissenschaften sogar weitgehend ignoriert wurden. Zur Erklärung dieser Einseitigkeit entwickelt der Beitrag die These, dass vor allem die Absicht zur Kontrolle des Nichtwissens in der Politik und der Wissenschaft für die weitgehende Ignoranz sozialwissenschaftlicher Expertise verantwortlich war. Dazu wird zunächst in den Zusammenhang von Wissen und Nichtwissen eingeführt und werden die verschiedenen Nichtwissensstrategien in Politik und Wissenschaft vorgestellt. Daraufhin wird die Dynamik der Interaktion wissenschaftlicher Politikberatung in den ersten Wellen der Pandemie rekonstruiert. Dabei wird erstens die Entstehung und Strukturierung der Beratung beschrieben und zweitens gezeigt, wie darin Nichtwissen (nicht) bearbeitet wurde. Die Ergebnisse der Rekonstruktion werden schließlich systematisiert im Hinblick auf die Entstehung eines Nichtwissensregimes, das für die Ungleichbehandlung verschiedener Wissenschaftsdisziplinen verantwortlich war und ist. Für zukünftige Konstellationen, so das Resümee, ist der Rückgriff auf kontextualisierende Nichtwissenskonzepte der Sozialwissenschaften zu empfehlen, zumal mit Blick auf Sekundärfolgen, die weit über das kurzfristige Interesse an der Infektionseindämmung hinausweisen.
Stichworte
COVID-19; Policy advice; Non-knowledge; Political sociology; Non-knowledge regime
Erscheinungsjahr
2023
Zeitschriftentitel
Berliner Journal für Soziologie
Band
33
Ausgabe
4
Seite(n)
387-421
ISSN
0863-1808
eISSN
1862-2593
Page URI
https://pub.uni-bielefeld.de/record/2987519

Zitieren

Knobloch J. Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften. Berliner Journal für Soziologie . 2023;33(4):387-421.
Knobloch, J. (2023). Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften. Berliner Journal für Soziologie , 33(4), 387-421. https://doi.org/10.1007/s11609-023-00506-z
Knobloch, Jörn. 2023. “Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften”. Berliner Journal für Soziologie 33 (4): 387-421.
Knobloch, J. (2023). Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften. Berliner Journal für Soziologie 33, 387-421.
Knobloch, J., 2023. Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften. Berliner Journal für Soziologie , 33(4), p 387-421.
J. Knobloch, “Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften”, Berliner Journal für Soziologie , vol. 33, 2023, pp. 387-421.
Knobloch, J.: Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften. Berliner Journal für Soziologie . 33, 387-421 (2023).
Knobloch, Jörn. “Die voreingenommene Deutung des Unbekannten. Das Nichtwissensregime der Pandemieberatung und der Ausschluss der Sozialwissenschaften”. Berliner Journal für Soziologie 33.4 (2023): 387-421.
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