Othering am Beispiel von Migration: Wie aus sozialen Kategorien die Anderen entstehen

Akbulut N, Razum O (2023)
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 66(10): 1109–1116.

Zeitschriftenaufsatz | Veröffentlicht | Deutsch
 
Download
OA 974.64 KB
Abstract / Bemerkung
**Zusammenfassung**
‚Migranten‘ und ‚Geflüchtete‘ werden häufig als Andere kategorisiert in einem Prozess, der als Othering (Veranderung) bezeichnet wird. Am Beispiel von (Flucht‑)Migration entwickeln wir eine Definition des Begriffs Othering, um ihn für die Analyse gesundheitlicher Ungleichheiten nutzbar zu machen. Othering verstehen wir dabei als einen gesellschaftlichen Prozess, der Unterschiede so konstruiert und klassifiziert, dass bestimmte Gruppen als wesentlich Andere sozial sichtbar werden. Dem Prozess des Othering liegt zum einen eine diskursive Praxis zugrunde, die Differenzen markiert und damit Menschen zu sichtbar Anderen macht. Zum anderen beruht er auf einer Machtasymmetrie, die es ermöglicht, Menschen zu kategorisieren und damit als anders zu markieren. Othering beruht nicht allein auf ablehnenden Einstellungen einzelner Personen oder Gruppen. Vielmehr ist Othering das Resultat eines umfassenden und historisch gewachsenen Systems von Überzeugungen, die durch Machtbeziehungen Glaubwürdigkeit erlangen. Insofern verstehen wir Othering als einen machtvollen Prozess, der über Diskriminierungskonzepte, die auf bloße Kategorisierungsprozesse gründen, wesentlich hinausgeht. Das Othering-Konzept hebt sich von anderen Konzepten der Ungleichheit ab, indem es die epistemische Ebene als wesentlichen Faktor für Ungleichheit einbezieht. Othering erzeugt nicht nur begrifflich die Anderen, sondern begründet zugleich eine diskursive Legitimation für den ungleichen Umgang mit dem Anderen. Ausgehend von unserem Verständnis von Othering stellen wir praxisbezogene Ergebnisse zu den Auswirkungen des Othering auf die Gesundheitsversorgung von ‚Migranten‘ und ‚Geflüchteten‘ dar.

**Abstract**
‘Migrants’ and ‘refugees’ are often categorized as Other, in a process called Othering. Using the example of forced migration, we develop a definition of Othering to make it useful for the analysis of health inequalities. We consider Othering as a social process that constructs and classifies differences in such a way that certain groups become socially visible as essential Others. On one hand, the process of Othering operates through a discursive practice that constructs differences, thereby transforming individuals into visible Others. On the other hand, it is based on a power asymmetry that enables the categorization of people, thereby marking them as different. Othering is not solely based on negative attitudes of individuals or groups. Rather, Othering is the result of a broad and historically evolved system of beliefs that gain credibility through power relations. Thus, we understand Othering as a powerful process that goes substantially beyond concepts of discrimination based on mere categorization processes. The concept of Othering stands out from other concepts of inequality by including the epistemic level as a key factor for inequality. Othering not only produces the Other epistemologically, but at the same time establishes a discursive legitimation for the unequal treatment of the Other. Drawing upon our understanding of Othering, we present practice-related findings on the consequences of Othering for the healthcare of ‘migrants’ and ‘refugees’.
Erscheinungsjahr
2023
Zeitschriftentitel
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
Band
66
Ausgabe
10
Seite(n)
1109–1116
ISSN
1436-9990
eISSN
1437-1588
Finanzierungs-Informationen
Open-Access-Publikationskosten wurden durch die Universität Bielefeld im Rahmen des DEAL-Vertrags gefördert.
Page URI
https://pub.uni-bielefeld.de/record/2983032

Zitieren

Akbulut N, Razum O. Othering am Beispiel von Migration: Wie aus sozialen Kategorien die Anderen entstehen. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 2023;66(10):1109–1116.
Akbulut, N., & Razum, O. (2023). Othering am Beispiel von Migration: Wie aus sozialen Kategorien die Anderen entstehen. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 66(10), 1109–1116. https://doi.org/10.1007/s00103-023-03763-8
Akbulut, Nurcan, and Razum, Oliver. 2023. “Othering am Beispiel von Migration: Wie aus sozialen Kategorien die Anderen entstehen”. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 66 (10): 1109–1116.
Akbulut, N., and Razum, O. (2023). Othering am Beispiel von Migration: Wie aus sozialen Kategorien die Anderen entstehen. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 66, 1109–1116.
Akbulut, N., & Razum, O., 2023. Othering am Beispiel von Migration: Wie aus sozialen Kategorien die Anderen entstehen. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 66(10), p 1109–1116.
N. Akbulut and O. Razum, “Othering am Beispiel von Migration: Wie aus sozialen Kategorien die Anderen entstehen”, Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, vol. 66, 2023, pp. 1109–1116.
Akbulut, N., Razum, O.: Othering am Beispiel von Migration: Wie aus sozialen Kategorien die Anderen entstehen. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 66, 1109–1116 (2023).
Akbulut, Nurcan, and Razum, Oliver. “Othering am Beispiel von Migration: Wie aus sozialen Kategorien die Anderen entstehen”. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 66.10 (2023): 1109–1116.
Alle Dateien verfügbar unter der/den folgenden Lizenz(en):
Creative Commons Namensnennung 4.0 International Public License (CC-BY 4.0):
Volltext(e)
Access Level
OA Open Access
Zuletzt Hochgeladen
2024-07-05T12:46:08Z
MD5 Prüfsumme
a05fb8c817f4aaafc75573e845109643


Zitationen in Europe PMC

Daten bereitgestellt von Europe PubMed Central.

References

Daten bereitgestellt von Europe PubMed Central.

Export

Markieren/ Markierung löschen
Markierte Publikationen

Open Data PUB

Web of Science

Dieser Datensatz im Web of Science®
Quellen

PMID: 37721566
PubMed | Europe PMC

Suchen in

Google Scholar