PUB - Publikationen an der Universität Bielefeld

Das Gesundheitswesen ist geprägt von Komplexität und Wandlungsprozessen mit einem Zusammenspiel aus medizinischen, gemeinwohlorientierten und wirtschaftlichen Werten. Als Zielgruppe verdienen Angehörige eine besondere Beachtung, da sie u. a. als informelle Einweisende und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Kliniken agieren. Allerdings wurde bisher kaum untersucht, inwieweit in Kliniken (als zentrale Akteure im Gesundheitswesen) intendierte Kommunikationsangebote für Angehörige existieren, welche Ziele damit verfolgt werden und mit welchen Alltagspraktiken von Kommunikatorinnen und Kommunikatoren sowie der Rezipierenden sie verbunden sind. In qualitativen Experteninterviews nannten Kliniksprecherinnen und -sprecher (N = 21) vielfältige Angehörigenangebote mit dem vorrangigen Ziel des Wohls von Patientinnen und Patienten (aber auch Marketingziele und Mitarbeitendenunterstützung). Angehörigenkommunikation in Kliniken ist primär durch emergente Praktiken geprägt, da sie sich überwiegend durch informelle Initiativen einzelner Mitarbeitender entwickelt. Auch auf der Seite der Rezipierenden (d. h. den Angehörigen) zeigen sich emergente Alltagspraktiken durch aktive Aneignung und Umdeutung, da Angehörige vermehrt Inhalte nutzen, die sich eigentlich vordergründig an die Zielgruppe der Patientinnen und Patienten richten. Allerdings stehen diese emergenten Praktiken nicht im Widerspruch zu den Zielen der strategischen Klinikkommunikation.