Sammeln, Beschreiben, Kategorisieren – Vom Umgang mit menschlichen Überresten zu Beginn der modernen Wissenschaft (Data Story)

Fromme F, Gehlhaar P, Penningroth J, Salzmann H (2020)
Bielefeld University.

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Creator
Fromme, Fabio; Gehlhaar, Pascal; Penningroth, JonasUniBi; Salzmann, Hagen
Abstract / Bemerkung
Den Umgang mit sterblichen Überresten – den eigenen in der Zukunft oder denen von Mitmenschen in der Gegenwart – stellen wir uns recht geradlinig vor: Am Ende steht irgendeine Form der Bestattung. Verlässt man diesen Rahmen, indem man zum Beispiel Leichen präpariert und ausstellt, wie es in den von Gunter von Hagens initiierten „Körperwelten“ geschieht, wird dies schnell „pietätlos“ genannt und führt zu Kontroversen. Jenseits davon ist jedoch die Spende des eigenen Körpers für die Wissenschaft – wenn auch nicht jedermanns Sache – doch ein akzeptierter Weg nach dem Tod an einer Erweiterung oder mindestens Bewahrung von Wissen teilzuhaben. Heute wird jedoch die medizinische Notwendigkeit und damit die Rechtfertigung solcher Einrichtungen wie den „Körperwelten“ oder der Körperspende kritisch diskutiert. Hier eröffnet sich eine Differenz zwischen unserer Gegenwart und der Vergangenheit. Während früher die Leichensektion unerlässlich für die Entwicklung der Medizin war, wird dies heute zum Teil anders betrachtet. Allgemein gesprochen ist also die Frage, wie die Forschung mit menschlichen Überresten verfahren ‚darf‘ bzw. ‚muss‘, um Erkenntnisse zu gewinnen, vom jeweiligen Wissensstand abhängig und somit historisch wandelbar. Wir wollen dies anhand der Forschung des Anthropologen und Anatomen Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) zeigen, der in Göttingen eine Sammlung von etwa 240 Schädeln aus der ganzen Welt anlegte. In Zusammenhang mit seiner Schädelsammlung entwickelte Blumenbach eine Einteilung der Menschheit in fünf „Varietäten“ bzw. „Rassen“ und untersuchte deren Entstehungsgeschichte. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden Blumenbachs Forschungen teilweise als Grundlage rassistischer Theorien genutzt. Blumenbach selbst betonte die „natürliche Einheit des Menschengeschlechtes“ (Monogenese). Heute gilt Blumenbach damit als ein Begründer der modernen Anthropologie und des wissenschaftlichen Anti-Rassismus.
Aber welchen genauen Zweck erfüllte Blumenbachs Schädelsammlung für dessen Forschungen? Wie kam Blumenbach in Besitz der vielen verschiedenen Schädel und wie benutze er diese? Waren sie wirklich das Material, auf dem Blumenbach seine Einteilung aufbaute oder diente das Anlegen einer berühmten Sammlung eher dazu, Netzwerke zu knüpfen, ihm Prestige und seinen Forschungen Gewicht zu verleihen? Um diese Fragen zu beleuchten, wollen wir in dieser Data Story exemplarisch nachzeichnen, unter welchen Umständen und auf welchen Wegen die Schädel zu Blumenbach gekommen sind. Dabei wird deutlich, wie sehr der Wissenschaftsbetrieb in Blumenbachs Zeit durch Patronage-Netzwerke geprägt war und ganz selbstverständlich koloniale Machtverhältnisse nutzte, um Forschungsobjekte zu beschaffen. Im Zentrum steht die Frage nach dem Verhältnis von wissenschaftlicher Theorie und den Praktiken des Sammelns in ihrem historischen Kontext.
Erscheinungsjahr
2020
Page URI
https://pub.uni-bielefeld.de/record/2946762

Zitieren

Fromme F, Gehlhaar P, Penningroth J, Salzmann H. Sammeln, Beschreiben, Kategorisieren – Vom Umgang mit menschlichen Überresten zu Beginn der modernen Wissenschaft (Data Story). Bielefeld University; 2020.
Fromme, F., Gehlhaar, P., Penningroth, J., & Salzmann, H. (2020). Sammeln, Beschreiben, Kategorisieren – Vom Umgang mit menschlichen Überresten zu Beginn der modernen Wissenschaft (Data Story). Bielefeld University. https://doi.org/10.4119/unibi/2946762
Fromme, Fabio, Gehlhaar, Pascal, Penningroth, Jonas, and Salzmann, Hagen. 2020. Sammeln, Beschreiben, Kategorisieren – Vom Umgang mit menschlichen Überresten zu Beginn der modernen Wissenschaft (Data Story). Bielefeld University.
Fromme, F., Gehlhaar, P., Penningroth, J., and Salzmann, H. (2020). Sammeln, Beschreiben, Kategorisieren – Vom Umgang mit menschlichen Überresten zu Beginn der modernen Wissenschaft (Data Story). Bielefeld University.
Fromme, F., et al., 2020. Sammeln, Beschreiben, Kategorisieren – Vom Umgang mit menschlichen Überresten zu Beginn der modernen Wissenschaft (Data Story), Bielefeld University.
F. Fromme, et al., Sammeln, Beschreiben, Kategorisieren – Vom Umgang mit menschlichen Überresten zu Beginn der modernen Wissenschaft (Data Story), Bielefeld University, 2020.
Fromme, F., Gehlhaar, P., Penningroth, J., Salzmann, H.: Sammeln, Beschreiben, Kategorisieren – Vom Umgang mit menschlichen Überresten zu Beginn der modernen Wissenschaft (Data Story). Bielefeld University (2020).
Fromme, Fabio, Gehlhaar, Pascal, Penningroth, Jonas, and Salzmann, Hagen. Sammeln, Beschreiben, Kategorisieren – Vom Umgang mit menschlichen Überresten zu Beginn der modernen Wissenschaft (Data Story). Bielefeld University, 2020.
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