Heterogene Eisnukleations- und Antigefriereigenschaften von Biomolekülen

Dreischmeier K (2019)
Bielefeld: Universität Bielefeld.

Bielefelder E-Dissertation | Deutsch
 
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OA 9.86 MB
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Abstract / Bemerkung
Heterogeneous ice nucleation plays a very important role in the atmosphere by forming clouds influencing both the albedo and the hydrological cycle of the earth. Here, the significance of biological ice nucleators for atmospheric processes was confirmed on the examples of birch pollen and the fungus M. alpina that trigger the nucleation of ice at -18 °C or -6 °C, respectively. Due to the high concentration of the ice nucleating molecules that are easily released from its host by contact with water their impact on atmospheric ice nucleation is not negligible. The pollen release about 104 ice nucleating molecules per grain and accordingly 1012 per gram, the fungal spores up to 1011 per gram mycelium. The ice affinity purification (IAP) method was established in this workgroup to specifically extract ice binding molecules. By means of the IAP the presence of ice structuring molecules in the birch pollen washing water as well as in the mycelium of M. alpina was shown. The ice crystals grew into a star-like shape induced by the molecules adsorbing at the secondary prism plane of hexagonal ice. The birch pollen macromolecules also inhibit the recrystallization of ice crystals (IRI) at a minimal effective concentration ci of 7 nmol l-1 that is comparable to the activity of the very efficient IRI agents. An IRI activity of the M. alpina extract can merely be assumed.
Experiments using centrifugal filters with a molecular cutoff size of 100 kDa suggest that the ice nucleators and ice structuring molecules are not the same. The ice nucleating molecules are larger than 100 kDa while the antifreeze molecules pass the filter and must be smaller than 100 kDa. These sizes agree well with that of the known antifreeze proteins with sizes of maximum 30 kDa and that of the known biological ice nucleators with much larger sizes. To trigger ice nucleation at moderate supercoolings (Tnuk > -20 °C) an ice nucleus needs a minimal size of about 50 kDa. In contrast, several antifreeze molecules cooperate to inhibit the growth of an ice crystal so that their small size is sufficient for the antifreeze activity.
In order to characterize the chemical nature of the ice binding macromolecules infrared spectroscopy was applied. The ice nucleating and ice structuring macromolecules in birch pollen both seem to be carboxylated polysaccharides with very similar structures. It is possible that the larger ice nucleators consist of clusters of the smaller antifreezes. The structural identification of M. alpina macromolecules could not be entirely resolved. However, the spectra indicate a proteinaceous identity of the ice nucleators and polysaccharides as ice structuring molecules. In previous studies the high thermal hysteresis (TH) activity of the hyperactive antifreeze protein from the freeze avoiding organism of T. molitor was shown. Here this high TH activity was confirmed in experiments with a cryomicroscope, which was newly set up for TH measurements. The T. molitor antifreeze proteins showed freezing depressions of about 1 °C in a 100 μM solution. Further, an IRI activity with an effective concentration ci of 1.6 μmol l-1 was obtained. For the first time ice nucleation measurements show a dual function of this 8 kDa protein. The measured heterogeneous ice nucleation temperature of about -31 °C is actually expected from Classical Nucleation Theory for a critical ice embryo of this size.
In summary, these results show that the predominant function of an ice binding molecule in an organism as an ice nucleating or antifreeze molecule is determined by its size.

Heterogene Eisnukleation spielt in der Atmosphäre eine wichtige Rolle bei der Bildung von Wolken und beeinflusst damit entscheidend sowohl die Albedo als auch den hydrologischen Zyklus der Erde. In dieser Arbeit wurde am Beispiel von Birkenpollenmakromolekülen mit einer Nukleationstemperatur von -18 °C und für M. alpina von -6 °C die Bedeutung biologischer Eisnukleatoren für diese atmosphärische Prozesse bestätigt. Aufgrund der hohen Konzentrationen der leicht mit Wasser von den Partikeln lösbaren eisnukleierenden Makromoleküle, die für die Birkenpollen bei 104 Eiskeimen pro Polle bzw. 1012 g-1 und für die Pilzsporen aus M. alpina bei etwa 1011 g-1 Myzel liegen, sind diese Eisnukleatoren biologischen Ursprungs bei atmosphärischer Eisnukleation nicht zu vernachlässigen.
Es wurde die Eisaffinitätsaufreinigung (IAP) als Methode zur spezifischen Extraktion von eisbindenden Molekülen in der Arbeitsgruppe etabliert. Darüber konnte die Anwesenheit von eisstrukturierenden Molekülen im Birkenpollen-waschwasser sowie im Myzelextrakt von M. alpina gezeigt werden, die durch Adsorption an die sekundäre prismatische Fläche von hexagonalem Eis die dafür typische Sternchenform eines wachsenden Eiskristalls hervorrufen. Zudem konnte für die Birkenpollenmakromoleküle eine effektive Konzentration ci zur Quantifizierung der Eisrekristallisationsinhibierung (IRI) von minimal 7 nmol l-1 erhalten werden, was einer hohen IRI-Aktivität entspricht. Für die M. alpina-Antigefriermoleküle konnte eine IRI-Aktivität lediglich angedeutet werden.
Experimente mit Zentrifugenfiltern ergaben für beide Spezies, dass es sich bei den Eisnukleatoren und den Molekülen mit Antigefrieraktivität nicht um dasselbe Molekül handelt. Der Eisnukleator ist größer als 100 kDa, während das an Eis adsorbierende Molekül kleiner als 100 kDa sein muss, da es den Filter passiert. Diese Größenverhältnisse stimmen mit den üblichen Größen von Antigefrierproteinen mit einer Größe von etwa maximal 30 kDa und den deutlich größeren molekularen, biologischen Eisnukleatoren überein. Um die Nukleation bei relativ geringen Unterkühlungen (Tnuk > -20 °C) auszulösen, muss der Eiskeim eine bestimmte Mindestgröße von ~50 kDa aufweisen. Die Antigefriermoleküle dagegen agieren im Verbund mehrerer, an einen Eiskristall adsorbierender Moleküle und besitzen daher auch trotz der kleineren Größen einen Effekt auf das Wachstum von Kristallen.
Spektroskopische Experimente zur genaueren Charakterisierung der chemischen Natur der in den Birkenpollen enthaltenen eisnukleierenden und eisadsorbierenden Makromoleküle weisen auf carboxylierte Polysaccharide mit sehr ähnlicher Struktur hin. Möglicherweise bestehen die Eisnukleatoren aus Clustern der kleineren Antigefriermoleküle. Im Fall von M. alpina ist eine Bestimmung der Struktur der Moleküle weniger eindeutig. Es gibt Hinweise auf unterschiedliche chemische Identitäten der Eisnukleatoren, die demnach Proteine sein könnten, und der Antigefriermoleküle, die den Polysacchariden zugeordnet werden könnten.
In früheren detaillierten Studien wurde eine hohe Thermische Hystereseaktivität (TH) des hyperaktiven TmAFP aus dem gefriervermeidenden Organismus des T. molitor erhalten. Diese hohe TH-Aktivität konnte in dieser Arbeit mit Werten um 1 °C für eine 100 μM Lösung bestätigt werden. Zur TH-Bestimmung diente eine erstmals in dieser Arbeitsgruppe am Kryomikroskop erarbeitete Messmethode. Zudem wurde in erstmaligen IRI-Messungen eine hohe effektive Konzentration ci von 1.6 μmol l-1 bestimmt. Erste Nukleationsmessungen weisen auf eine duale Funktion dieses 8 kDa-Proteins mit einer mittleren Nukleationstemperatur von etwa -31 °C hin, die nach der Klassischen Nukleationstheorie für einen kritischen Eiscluster derselben Größe tatsächlich erwartet würde.
Die Untersuchungen an den eisnukleierenden Pollen und dem Pilz M. alpina sowie dem Antigefriermolekül des T. molitor zeigen damit für Moleküle mit einer eisbindenden Stelle, dass deren Funktion im natürlichen Organismus als Eisnukleator oder Antigefriermolekül von der Molekülgröße bestimmt wird.
Jahr
2019
Page URI
https://pub.uni-bielefeld.de/record/2934018

Zitieren

Dreischmeier K. Heterogene Eisnukleations- und Antigefriereigenschaften von Biomolekülen. Bielefeld: Universität Bielefeld; 2019.
Dreischmeier, K. (2019). Heterogene Eisnukleations- und Antigefriereigenschaften von Biomolekülen. Bielefeld: Universität Bielefeld. doi:10.4119/unibi/2934018
Dreischmeier, Katharina. 2019. Heterogene Eisnukleations- und Antigefriereigenschaften von Biomolekülen. Bielefeld: Universität Bielefeld.
Dreischmeier, K. (2019). Heterogene Eisnukleations- und Antigefriereigenschaften von Biomolekülen. Bielefeld: Universität Bielefeld.
Dreischmeier, K., 2019. Heterogene Eisnukleations- und Antigefriereigenschaften von Biomolekülen, Bielefeld: Universität Bielefeld.
K. Dreischmeier, Heterogene Eisnukleations- und Antigefriereigenschaften von Biomolekülen, Bielefeld: Universität Bielefeld, 2019.
Dreischmeier, K.: Heterogene Eisnukleations- und Antigefriereigenschaften von Biomolekülen. Universität Bielefeld, Bielefeld (2019).
Dreischmeier, Katharina. Heterogene Eisnukleations- und Antigefriereigenschaften von Biomolekülen. Bielefeld: Universität Bielefeld, 2019.
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